Expositions d'art

by Art Now Database

Kestner Gesellschaft - Hannover

  • Trevor Yeung zeigt mit Underwater Haze seine bislang umfangreichste Ausstellung in Europa. Die Einzelausstellung formt ein künstlich reguliertes System, in dem Wasser, Licht, Palmen, Kakteen, Teichpflanzen und Geräte zur Pflanzenzucht zu einer vielschichtigen räumlichen Struktur verschränkt sind. Ein zirkulierender Wasserkreislauf durchzieht die Installation, ordnet ihre Elemente zu einer Choreografie und macht eine Balance zwischen Kontrolle und Instabilität erfahrbar. Ausgehend von seinem Wissen über Botanik und aquatische Ökosysteme entwickelt Yeung komplexe Arrangements, in denen pflanzliches Wachstum mit sozialen Dynamiken in Beziehung gesetzt wird. Seine künstlerische Praxis orientiert sich an der Logik geschlossener ökologischer Habitate und deren sozialen Implikationen. Vorrichtungen aus der Pflanzenanzucht, etwa Lichtsysteme, Wasserbecken oder Gerüste, begreift Yeung als Modelle regulierter Fürsorge, in denen Zuwendung, Kontrolle und soziale Regeln ineinandergreifen. Der Anfang von Underwater Haze ist eine Recherche in Hannover, bei der er das Goseriedebad, den Berggarten der Herrenhäuser Gärten, Aquaristikgeschäfte sowie queere Begegnungsräume in Niedersachsen besuchte. Im Fokus steht das Verhältnis zwischen künstlichen Habitaten und sozialem Miteinander – und die damit verbundene Frage, wie Architekturen Intimität ermöglichen, regulieren oder begrenzen. In der für die Kestner Gesellschaft entwickelten räumlichen Konstellation aus Fotografien, Skulpturen, Installationen und Alltagsgegenständen erkundet der Künstler die Wechselwirkungen zwischen menschlichen, botanischen und aquatischen Lebensräumen. Die Werke Yeungs thematisieren körperliche und emotionale Entfremdung, Fürsorge und die Frage nach dem Potenzial von Überwucherung – als Reaktion oder Strategie innerhalb kontrollierter Systeme. In der Beobachtung von Wachstum und Anpassungsfähigkeit von Lebewesen in kontrollierten Ökosystemen entsteht ein subtiles Narrativ über Resilienz, Ausdauer und innere Beharrlichkeit in einer geregelten Umwelt.
    Description

    Trevor Yeung: Underwater Haze

    16 nov 2025

    Trevor Yeung: Underwater Haze at Kestner Gesellschaft, Hannover
  • Ian Waelder verbindet in seiner Ausstellung thereafter erstmals Fassade, Atrium und Arkadenhalle der Kestner Gesellschaft zu einer räumlichen Erzählung zwischen Innen und Außen, Vergangenheit und Gegenwart. Seine Werke setzen an Grenzen des Erinnerbaren an: familiäre Spuren, biografische Brüche, alltägliche Überreste – nicht als Belege, sondern als fragile Träger einer Geschichte, die sich einer linearen Erzählung entzieht. Im Zentrum von Waelders Einzelausstellung steht ein labyrinthischer Raum aus Pappe, der Assoziationen an einen Umzugskarton weckt. Der seitlich versetzte Eingang der Arkadenhalle lenkt den Blick abseits eindeutiger Wege. Im Inneren verdichten sich Skulpturen, Zeitungscollagen, eine Klaviermelodie und das Material Pappe und Licht zu einer vielschichtigen Collage – darunter ein mit Haferflocken und Butterspuren überzogener Zeitungsartikel mit der Überschrift "Erbarmen", eine deformierte Schuhleiste mit porzellanartiger Nase mit dem Titel Sprain (38) (2023) sowie Formeinlagen der Werkreihe Bystander (2025) mit heraushängenden Schnürsenkeln. Es sind Spuren häuslicher Routinen, die sich einer konkreten Erinnerung entziehen und doch eine eigentümlich vertraute Atmosphäre hervorrufen. In unregelmäßigen Abständen ertönt eine kurze Klaviermelodie, eingeleitet vom Aufschlag fallender Wassertropfen. Diese klangliche Geste verweist auf eine persönliche Spur: Erinnerungen an Kindheitsmelodien und die Musik seines Großvaters begleiten Waelder derzeit in seinem Residenzstudio der Stiftung Laurenz-Haus in Basel, wo er zufällig ein Klavier vorfand und eine fragmentarische Melodie einspielte. Der Künstler, dessen jüdisch-deutscher Großvater 1939 nach Chile floh, verwebt akustische und materielle Fragmente zu einer Poetik des Erinnerns, in der das Unvollständige Gestalt annimmt. An der Fassade warten die Self-portraits as my father’s nose (2025) – maßstabsgetreu vergrößerte Nasenskulpturen aus Samen, entstanden in Zusammenarbeit mit seinem Vater – darauf, von Tauben und anderen Vögeln gefressen zu werden. Ihre Umrisse könnten als fragile Spuren sichtbar bleiben. Im Café Tender Buttons zeigt ein Triptychon aus Rohleinenbildern einen Jungen beim Laufen, der sich wie in einem filmischen Zeitraffer aus dem Bildraum vorwärts zu bewegen scheint – eine stille Geste der Erinnerung, wie ein cineastischer Rückblick in die Vergangenheit. Waelders Materialeinsatz und seine Werke verweigern sich eindeutiger Lesbarkeit und Zeitlichkeit. Sie fassen Erinnerung nicht als Rekonstruktion, sondern als tastende Bewegung entlang von Leerstellen, Verschiebungen und sedimentierten Oberflächen – dort, wo das Abwesende am stärksten gegenwärtig ist.
    Description

    Ian Waelder: thereafter

    16 nov 2025

    Ian Waelder: thereafter at Kestner Gesellschaft, Hannover
  • Som Supaparinya, The Rivers They Don't See, 2025, Installationsansicht, Kestner Gesellschaft, Foto: Volker Crone Som Supaparinyas erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland, The Rivers They Don’t See, wird verlängert. Im Rahmen der aktualisierten Präsentation wird das Video A Separation of Sand and Islands (2018) anstelle von My Grandpa’s Route Has Been Forever Blocked (2012) gezeigt. Die Ausstellung thematisiert Flüsse als politisierte Umweltstrukturen, die tief mit der kolonialen Geschichte in Südostasien verknüpft sind. Behandelt werden Themen wie staatliche Kontrolle und kapitalistische Expansion und die damit einhergehenden sozio-ökologischen Auswirkungen. Im Mittelpunkt steht die Videoinstallation The Rivers They Don’t See (2024), die entlang der Flüsse Salween, Ping und Chao Phraya den Spuren großräumiger Eingriffe in Natur und Gesellschaft folgt – von geplanten Flussverlegungen bis hin zu Auswirkungen sogenannter „grüner“ Energiepolitik. Supaparinya dokumentiert nicht nur Flussverläufe, sondern auch deren Abwesenheit: ausgetrocknete Flussbetten, zerstörte Ökosysteme und verlassene Dörfer. Stimmen Geflüchteter aus Myanmar, Arbeitsmigrant:innen und Flussanrainer:innen geben den Folgen politischer Entscheidungen eine persönliche Dimension. Die aktuellste Arbeit der Ausstellung The Unsung Lyric of Ping (2025) ist in Zusammenarbeit mit der Musikerin Helen Ganya entstanden. Die Videoarbeit zeigt die Folgen des Taifuns Yagi (2024) und verknüpft Naturgeräusche mit Bildern zerstörter Landschaften zu einem poetischen Porträt eines Ökosystems im Wandel. Supaparinyas künstlerische Praxis verbindet filmische Recherche, dokumentarische Beobachtung und symbolische Verdichtung. In der zweikanaligen Videoarbeit A Separation of Sand and Islands (2018) folgt Supaparinya der Geschichte französischer Erkundungsmissionen des 19. Jahrhunderts im Mekong-Gebiet. Inspiriert durch die Umweltaktivisten in Chiang Rai beleuchtet Supaparinya die Verflechtung der Kolonialgeschichte Südostasiens mit aktuellen geopolitischen Infrastrukturmaßnahmen und deren Zusammenhang mit Zwangsmigration, der Zerstörung des Ökosystems sowie der wirtschaftlichen Expansion Chinas. Ihre Werke entstehen aus langfristiger Auseinandersetzung, oft über Jahre hinweg, ohne vorgegebene Fragestellung – ein offener Prozess, der Raum für neue Perspektiven auf soziale Ungleichheiten, ökologische Zerstörung und kollektive Erinnerung gibt. Die Ausstellung wurde spezifisch für die Architektur der Kestner Gesellschaft konzipiert: Spiegelinstallationen, Klangräume und ein immersiver Korridor verwandeln die Räume in ein „Archiv aus Atmosphären“. Kuratiert von: Natalie Keppler und Alexander Wilmschen In Zusammenarbeit mit dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD Wir danken herzlich der Künstlerin und ihrer Galerie VER, Bangkok. Som Supaparinya (geb. 1973 in Chiang Mai, Thailand) ist eine multidisziplinär arbeitende Künstlerin, die mit Installation, gefundenen Objekten, Fotografie und Film arbeitet. Ihre Werke verhandeln Sozialgeschichte, ökologische und politische Strukturen sowie koloniale Kontinuitäten in Südostasien. Flüsse und Landschaften fungieren in ihren Videoarbeiten als stille Zeugen gesellschaftlicher Umbrüche. Ihre künstlerische Praxis ist dokumentarisch, experimentell und oft allegorisch. Die Künstlerin ist Mitgründerin von Chiangmai Art Conversation (CAC), einer Non-Profit Künstler:innen-Initiative. 2025 zeigt die Kestner Gesellschaft Hannover ihre Einzelausstellung The Rivers They Don’t See, die von Natalie Keppler ko-kuratiert wird. 2026 wird die Zusammenarbeit mit dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD in der daadgalerie Berlin fortgesetzt. Supaparinya war Teil der Bangkok Art Biennale (2024), documenta 15 (2022), Thailand Biennale (2021) und Gwangju Biennale (2018). Som Supaparinya lebt und arbeitet in Chiang Mai, Thailand.
    Description

    Som Supaparinya: The Rivers They Don’t See (extended)

    16 nov 2025

    Som Supaparinya: The Rivers They Don’t See (extended) at Kestner Gesellschaft, Hannover
  • Wie lassen sich institutionelle Geschichten neu denken – jenseits linearer Narrative, fixierter Zeitverläufe und hegemonialer Erinnerungskulturen? Mit Disruptive Kontinua widmet sich das Architekturprojekt Passage in seiner zweiten Programmrunde queer-feministischen Perspektiven auf die Geschichte der Kestner Gesellschaft – mit Brüchen, Lücken, Widerständen und alternativer Zeitlichkeit. Im Zentrum steht die Auseinandersetzung damit, wie sich etablierte Ordnungssysteme der Institutionsgeschichte – etwa die dreiteilige, 2009 erschienene Kestnerchronik – fragmentieren, umkodieren oder unterlaufen lassen. Passage II. Disruptive Kontinua eröffnet Raum für künstlerische, performative und vermittelnde Formate, die das institutionelle Gedächtnis befragen, erweitern und neu kontextualisieren – nicht durch bloße Repräsentation, sondern durch situierte Perspektiven, affektive Prozesse, körperliche Präsenz oder digitale Transformation. Die Passage wird so zum Ort der Öffnung, der Störung und der Re-Lektüre – und damit zum Gegenentwurf einer kanonisierten Erinnerungskultur. Ein besonderer Fokus von Passage II. Disruptive Kontinua liegt auf der Re-Lektüre ausgewählter Ausstellungen der Kestner Gesellschaft, die heute neue Perspektiven auf die Institutionsgeschichte eröffnen. Dabei wird kritisch reflektiert, welche Themen in der Ausstellungsgeschichte sichtbar wurden und welche übersehen oder verdrängt blieben. Im Zentrum stehen Ausstellungen wie von Guerrilla Girls (2018), Ulrike Ottinger (2013), David LaChapelle (2011), Elke Krystufek (2009–2010), Wolfgang Tillmans (2007), Robert Wilson (1991) und Andy Warhol (1981). Besonders die Ausstellungen Elke Krystufek. Less Male Art und Guerrilla Girls. The Art of Behaving Badly thematisierten feministische und institutionskritische Fragen und stellten die Machtverhältnisse im Kunstbetrieb sichtbar zur Disposition. Zwar fanden in der Kestner Gesellschaft Ausstellungen mit Künstler:innen wie u. a. Casey Spooner, Christopher Williams, David LaChapelle, Diedrick Brackens, Eric Fischl, Gilbert & George, Helmut Lang, Institute of Queer Ecology, Jack O’Brien, James Richards, Marc Camille Chaimowicz, Prinz Gholam, Samson Young, Trevor Yeung, Wolfgang Tillmans, Andy Warhol und Robert Wilson statt, doch wurden queer-feministische Zeitpolitiken, affektive Wissensformen oder institutionelle Ausschlussmechanismen dabei selten thematisiert. Passage Die Kestner Gesellschaft verfügt bislang über kein formal aufgebautes Archiv. Stattdessen existiert ein heterogener, über Jahrzehnte gewachsener Bestand aus Einladungskarten, Protokollen, Plakaten, Briefen, Jahresgaben, Editionen und internen Notizen. Dieser Bestand weist Lücken auf – zahlreiche Materialien befinden sich etwa in Künstler:innennachlässen, institutionellen Sammlungen, Bibliotheken, Stadtarchiven oder im Privatbesitz. Gemeinsam mit Künstler:innen, Vermittler:innen, Mitgliedern, Forscher:innen und Gästen stellt sich die Kestner Gesellschaft der Aufgabe, auf Grundlage dieses fragmentarischen Materials ein zukunftsfähiges Archivsystem zu entwickeln – eines, das neue Perspektiven auf die Geschichte der Institution eröffnet und Zugänglichkeit schafft. Die Passage bildet einen räumlichen und konzeptuellen Ausgangspunkt für diesen Prozess. Sie wurde vom Architekten Assaf Kimmel in enger Zusammenarbeit mit den Teams der Kunstvermittlung und des kuratorischen Bereichs entwickelt. Als durchlässige Struktur verbindet sie das Foyer, Halle 5 und das Haupttreppenhaus und dient zugleich als Resonanzraum für künstlerische Forschung, Vermittlung und kollektive Erinnerungspraxis. Der Raum ist durch ein barrierearmes Auditorium aus Werkbank-Materialien sowie eine zentrale Präsentationswand in zwei Zonen gegliedert: einen Bereich für Vermittlungsformate wie kestnerkids und einen zweiten für künstlerische Interventionen, Archiv- und Materialrecherchen, Gespräche und gemeinschaftliche Arbeitsprozesse. Anstatt eine chronologisch geordnete Institutionsgeschichte zu bestätigen, setzt die Präsentation bewusst auf Unvollständigkeit, Umwege und Reibung. Das gezeigte Material ist nicht als abgeschlossene Sammlung gedacht, sondern als Ausgangspunkt – es soll aktiviert, befragt und weitergeschrieben werden: durch künstlerische, performative und kollaborative Formen der Auseinandersetzung. Im Frühjahr 2025 markierte die Passage den Auftakt für eine vielseitige Raumnutzung – sowohl im Rahmen des Begleit- und Vermittlungsprogramms als auch durch externe Veranstaltungen. Kuratiert von: Alexander Wilmschen Kuratorische Assistenz: Emilia Radmacher und Gabriele Sand Studentische Hilfskraft: Leo Gröne Wir danken herzlich dem Architekten Assaf Kimmel und seinem Studio.
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    Passage II: Disruptive Kontinua

    16 nov 2025

    Passage II: Disruptive Kontinua at Kestner Gesellschaft, Hannover
  • Ausstellung Cauleen Smith: The Volcano Manifesto

    12 dec 202522 mar 2026

    Ausstellung Cauleen Smith: The Volcano Manifesto at Kestner Gesellschaft, Hannover